Design:
Christine Bünning
02.2024
frei nach CHRISTINE BRÜCKNER
textil nachempfunden von Christine Bünning
IDEE zu diesem Projekt
In ihrem Buch „Wenn du geredet hättest, Desdemona“ erfand Christine Brückner Monologe für Frauengestalten aus der Geschichte, der Literatur und der Mythologie wie sie hätten gehalten werden können. Denn mit Sicherheit hätten diese Frauen etwas zu sagen gehabt! Doch leider sind fast ausschließlich berühmte Reden berühmter Männer überliefert…
Ich habe mich mit diesen und anderen Frauen auseinandergesetzt und die Inhalte der ungehaltenen Reden textil in Szene gesetzt.
Die Filmfigur Yentl, das jüdische Mädchen aus Osteuropa, wird nach dem Tod der Mutter vom Vater heimlich in die Lehren des Talmud eingewiesen, was nach Meinung der meisten Chassidim verboten ist. Nach dem Tod ihres Vaters verkleidet sie sich als Mann, um an einer Yeshiva, einer Religionsschule, zu studieren... Im ständigen Gespräch mit Gott sucht sie nach Antworten auf die sie quälenden Fragen nach dem Sinn der Dinge und Regeln: „Wo steht geschrieben, was ich sein soll?“
Maße: 65 x 48 cm
Eigentlich ist Maria - besser Miriam - doch nur eine einfache Frau... Das, was ihr prophezeit wurde, bleibt ihr ein Wunder. Der Sohn ist nicht für sie nicht das eigen Fleisch und Blut, er ist der Sohn Gottes. Fragend wendet sie sich an Gott, fragend nach Sinn und Nicht-Sinn, nach Glaube und Erkenntnis...
Maße: 74 x 56 cm
„Es gibt einfach keinen Menschen, den ich anschreien kann. Oder jemanden, der mich in den Arm nimmt - mir einfach nur zuhört, wenn ich weine.“ (Originalzitat)
Die Königin der Herzen - ein trauriges Märchen! Gefangenen im goldenen Käfig!
Maße: 74 x 50 cm
Angenommen, die nicht standesgemäße Christiane von Goethe, geborene Vulpius, hätte im sich im Alter erklären und "reinen Tisch" machen wollen mit Charlotte von Stein, der Muse und schwärmerischen Geliebten Goethes... doch die unnahbare Hofdame lässt Goethes Gattin ungehört im Vorzimmer sitzen.... Mit jedem Gläschen des bereitstehenden Likörs würde ein weiteres Körnchen einfalts-schlichter Wahrheit bekannt... So stellt sie sich „als Goethes dickere Hälfte“ vor. Ihre niedere Herkunft und mangelnde Bildung konnte sie nie leugnen, doch bedeutete sie ihrem Gemahl ein warmes Zuhause, was er sichtlich genoss.
Maße: 62 x 38 cm (unregelmäßige Form)
Es ist die vermeintliche Rede der Pestkranken Donna Laura (Laura de Noves) an den entflohenen Petrarca, Dichter und Geschichts-schreiber.
Sein Name liegt dem Begriff Petrarkismus zugrunde, der eine bis ins 17. Jhd. verbreitete Richtung europäischer Liebeslyrik bezeichnet. Er begegnete Donna Laura zum ersten Mal, als sie 16 Jahre alt war. Ihr Eindruck wirkte derart stark auf ihn, dass er sie als ideale Frauenfigur und dauerhafte Quelle seiner dichterischen Inspiration zeitlebens verehrte, wohl wissend und akzeptierend, dass sie für ihn unerreichbar war. Als Dichter strebte er nach Ruhm und Lorbeer (lateinisch laurus) und fand ein Mittel dazu in Laura.
Doch seine große platonische Liebe erstirbt, als die Angebetete an der unheilvollen und entstellenden Seuche erkrankt.
Maße: 58 x 57 cm
Zitat: „Ein Sexsymbol ist ein Ding, und ich hasse es, ein Ding zu sein!“
Als ungewolltes Kind wurde sie zwölf Tage nach ihrer Geburt weggeben, wuchs bei Pflegeeltern und im Waisenhaus auf, wurde mit 12 Jahren das erste mal vergewaltigt, mit 16 Jahren verheiratet, um einem weiteren Waisenhaus zu entgehen... drei gescheiterte Ehen, unerfüllter Kinderwunsch, Krankheiten, Alkohol- und Medikamentensucht, psychiatrische Behandlungen... riesige Erfolge und Auszeichnungen... doch unglücklich.
Ihr größter Wunsch seit Kindesbeinen war, Schauspielerin zu werden. Allerdings strebte sie immer das Charakterfach an. Statt dessen hat man sie zur Filmikone und zum Sexsymbol des 20. Jahrhunderts gemacht.
Sie schrieb Tagebücher und lyrische Gedichte, die einen Blick in ihre wahre Persönlichkeit zulassen.
Maße: 64 x 59 cm
Fanny Hensel war eine deutsche Komponistin der Romantik, deren Gesamtwerk – mit wenigen Ausnahmen – erst 1965, also mehr als einhundert Jahre nach ihrem Tod aus Familienbesitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz anvertraut wurde. Eine musikalische Karriere und Veröffentlichungen zu Lebzeiten waren ihr von der Familie weitgehend untersagt worden. Mindestens so talentiert wie ihr Bruder Felix Mendelssohn erschuf sie mehr als 450 Kompositionen - ein Bruchteil davon hatte Felix Mendelssohn unter seinem Namen drucken lassen.
Sie stand immer nur im Schatten ihres berühmten Bruders, hatte musikalisch „kein eigenes Gesicht“.
Maße: 65 x 43 cm
Jahrhundertelang waren Frauen dazu verleitet oder gezwungen, ihre Kunst von Männern vermarkten zu lassen oder sich gleich ein männliches oder geschlechtsneutrales Pseudonym zuzulegen. Die Kraft des Eigen-Schöpferischen wurde Frauen lange abgesprochen. Nicht umsonst hieß einer der Leitsätze des 19. Jahrhunderts «Das Genie ist männlich». Weil Frauen die Fähigkeit nicht zugetraut wurde, zogen sie sich in die Anonymität zurück. und gerieten so nicht selten in eine Abhängigkeit von ihren Vätern, Gatten oder anderen „Mäzenen“.
Maße: 70 x 50 cm
An ihren tauben Hund Rollo gewandt erklärt und beklagt sich Effi über ihr verkorkstes Leben. Immer das wilde Kind - nie hat sie jemand auf das Leben als erwachsene Frau vorbereitet- geblieben, stets bevormundet und gänzlich unverstanden... So entgegnet ihr jeder mit einem kopfschüttelnden „Aber Effi!“
Sterbenskrank versucht sie - noch immer um Ver-ständnis bittend -, sich ihrem Gatten zu erklären.
Maße: 65 x 54 cm
Am Abend vor ihrem Freitod spricht Gudrun Ensslin gegen die Wände der Gefängniszelle. Noch immer fest überzeugt von der Idee, dass man etwas ändern müsse am System... Dies ist ihr wichtiger als beispielsweise, eine gute Mutter zu sein... Sie kämpft für ihre Gesinnung bis zum Schluss - doch mit welchen Mitteln?!
Maße: 62 x 45 cm
Die Frau des großen Reformators legt hier offen ihre Gedanken auf den Tisch, setzt Bibelsprüche und Predigttexte in eigene Worte oder stellt sie infrage... Dabei hatte sie stets optimistisch das Leben im Blick und organisierte alles, um ihrem Gatten das Leben zu ermöglichen und den Rahmen zu geben, in welchem er sein Leben, und sich selbst als der große Reformator profilieren konnte.
Maße: 60 x 40 cm
Ein Artikel in der BILD mit dem Titel „Nach außen lächeln - nach innen weinen“ inspirierte mich zu dieser Darstellung. Er berichtete über Königin Silvia von Schweden und die Schatten des Märchens, Königin zu sein... über die Affären ihres Gemahls, die Versagensängste und den beunruhigenden Gesundheitszustand der Tochter, die Sorgen um die an Demenz erkrankte Mutter...
Sicher lässt sich dieses Motiv auf viele Leidens-genossinnen, königliche „Kolleginnen“ projizieren... Allen Lebensumständen, Ärgernissen, Leiden und allem Kummer zum Trotz muss Haltung bewahrt und stets ein königliches Lächeln präsentiert werden!
Maße: 79 x 53 cm
Etikett 13
Etikett 14
Etikett 15
Als Walter Gropius 1919 in Weimar das staatliche Bauhaus eröffnetet, verkündete er im Programm: „Als Lehrling aufgenommen wird jede unbescholtene Person ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht, deren Begabung und Vorbildung vom Meisterrat als ausreichend erachtet wird.“
Angezogen vom visionären Charakter dieser Schule und von der Möglichkeit, einen handfesten Beruf zu erlernen, schrieben sich viele Frauen ein. Doch schon bald befürchtete Gropius , dass die große Anzahl von Frauen dem Ansehen der Schule schaden würde. Er empfahl, „keine unnötigen Experimente“ mehr zu machen, und forderte eine „scharfe Aussonderung gleich nach der Aufnahme, vor allem bei dem der Zahl nach zu stark vertretenen weiblichen Geschlecht“. Die Meister fürchteten, weibliche Studierende würden den männlichen die wertvollen Werkstattplätze wegnehmen, und drängten die Frauen in die Weberei. Oskar Schlemmer prägte später in den Dessau den Vers: „Wo Wolle ist, ist auch ein Weib, das webt, und sei es nur zum Zeitvertreib“ und traf mit seinem Spott den Kern der Vorurteile, die in Weimar schon dazu geführt hatten, dass die Weberei ab 1920 zur „Frauenklasse“ erklärt wurde. Dennoch schafften es einige Bauhaus-Frauen zu Erfolg und Ruhm - auch in anderen künstlerischen Gebieten. Einige von Ihnen sind am linken Bildrand aufgelistet.
Die Frauen am Bauhaus waren zum einen nicht zu halten („ungehalten“), um sich an dieser neuartigen Schule anzumelden… dann mit Sicherheit aber auch sehr ungehalten über die offensichtliche Ungleichbehandlung.
Maße: 90 x 85 cm
Seit über hundert Jahren inspiriert Josephine Baker die Menschen. Tanzend befreite sie sich aus den Slums der US-amerikanischen Südstaaten und eroberte die Bühnen der Welt. Nachdem sie im Kindesalter Massaker gegen Schwarze erlebt hatte, machte sie sich den Kampf gegen Rassismus und für Freiheit und Gleich-berechtigung zur Lebens-aufgabe. Sie nutzte ihren Ruhm, um ihre Stimme zu erheben. Im zweiten Weltkrieg arbeitete Baker für das Rote Kreuz und unterstützte den Widerstand der Résistance. Sie sammelte und schmuggelte Informationen für die französische Exilregierung des Generals Charles de Gaulle und die Alliierten. Zur Unterhaltung der Truppen war sie als Leutnant der Freien Französischen Luftwaffe mit dem Militärjeep unterwegs und spendete die Konzerteinnahmen. Nach 1945 kehrte Baker auf die Bühne zurück – als Botschafterin für Frieden, Freiheit und Gleich-berechtigung aller Menschen unabhängig von Nationalität, Haut-farbe oder Religion. In ihren Konzerten weltweit gab es keine Rassen-trennung, als Star hatte sie diese Bedingung durchgesetzt. Offensiv trat Baker gegen jegliche Diskriminierung auf. In den sechziger Jahren unterstützte sie massiv die Bürgerrechts-bewegungen in den USA.
Mit ihrem Ehemann Jo Bouillon adoptiert Baker zwölf Kinder unter-schiedlicher Hautfarbe aus verschiedenen Teilen der Welt und lebte mit dieser Regenbogenfamilie in Frankreich. 2021 wurde Baker in das Pariser Panthéon aufgenommen. Sie ist damit die erste schwarze Frau, der diese Ehre zuteilwurde.Maße: 78 x 58 cm
Sie steht stellvertretend für viele Afrikanerinnen aber auch Sklavinnen, deren Umnut nicht näher erläutert werden muss.
Das handgestickte Gesicht ist eine Arbeit von Sani - einer Venda-Frau Aus Südafrika: Tambani ist ein kunsthandwerkliches Projekt, das benachteiligten südafrikanischen Frauen den Weg in die wirtschaftliche Selbständigkeit ermöglicht . Die Frauen schaffen bestickte Kunstwerke und Paneele, die ihre traditionellen Volksmärchen darstellen. Diese Stickereien werden in die ganze Welt verkauft.
So habe ich also diese südafrikanische Stickerei - die Stickerin heißt Sani Mudau - direkt in mein Bild eingearbeitet, ihr eine Frisur, eine Figur und vor allem eine „Haltung“ gegeben. Der Hintergrund ist mit der Nähmaschine freihand gestickt.
Maße: 140 x 80 cm
Christine Brückner
(1921 - 1996)